Kultur und Kulturpflanze - Anmerkungen zur landwirtschaftlichen Tagung am Goetheanum im Februar 1999
Rüdiger Blankertz
Category: Philosophy, Language: D, cover: PB, pages: 21, year: 1999.
Eine Zitatenkette als Vorgeschmack zu einem nicht nur literarisch aufregenden Leseerlebnis, - weit erfüllender als - und jenseits von - Oswald Spengler und anderer Reduktionisten.
- "... daß die Genanlagen nicht etwa als die kausale Ursache der Physiognomie der Pflanzen
anzusehen sind, sondern nur der materielle, mikroskopische Ausdruck
der Kräfte, die die Physiognomie der Pflanze im Pflanzenindividuum erzeugen.
... Die physische Pflanze (und jedes andere Lebewesen) lebt sich vegetativ im Wachstum aus. Das Physische jedes Lebewesens hat sein Ziel damit aber nicht erreicht.
... Entfernt sich der Sproßpunkt aus dem Bereich des Pflanzentriebes, so tritt der vegetative Nullpunkt, die Stauchung ein. Die gesamte Pflanze antwortet auf diesen Vorgang mit einer Chaotisierung im Bereich des ehemaligen Sprossens. Die Pflanze ist in diesem Zustand gewissermaßen wie durch eine Wunde geöffnet. Um diese Wunde herum bildet sich die physische Blüte aus, sie umhüllend und zugleich in ihrer Chaotisierung bewahrend. Die sexuelle Differenzierung der Blütenorgane in Stempel und Staubgefäße ist so gesehen nichts anderes als der äußere Ausdruck des chaotischen bzw. fruchtbaren Zustandes der Pflanze in diesem Bereich.
... Die Pflanze wird zur Mutterpflanze, die ihre Kinder empfängt. Wie geschieht dies? Wird die Pflanze nun bestäubt - was ja in verschiedener Art geschehen kann - so verdichten sich im Moment der Bestäubung die auf die geöffnete Pflanze wirkenden Kräfte so, daß sie - vermittelt über die Pollen und die Reaktion der Samenanlage auf diesen - eine primäre Organisation des Chaos bewirken. Die Pflanze erneuert sich in diesem Moment - nicht etwa aus dem, was sie schon ist, sondern immer aus dem, was sie sein sollte - aus ihrem Ideal heraus.
... das Lebewesen empfängt die gestaltbildenden Kräfte desjenigen Sternenwirkungsbereichs, aus dem es überhaupt seine gestaltbildenden Impulse immer schon empfangen hat. ... Man könnte sagen, diese Tendenz sei 'das Gesetz, nach dem wir angetreten'. Demzufolge ist z.B. die jeweilige, standort- und klimaabhängige Gestalt der Pflanze als der Ausdruck der Individualisierung dieser Tendenz zu sehen - und gar nicht als eine kausale Bestimmung durch die sogenannten Gene ... das Werden der Pflanze hängt von der bewußten Begleitung und Pflege durch den Menschen ab, ...
... daß die Nahrungsgrundlage der gegenwärtigen Menschheit auf der mit dem Samenprozeß einhergehenden Fruchtbildung beruht. Zudem wurde aufgewiesen, daß die von der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners vertretene landwirtschaftliche Kultur darin besteht, den Pflanzenprozeß bewußt zu begleiten und aus dem Bewußtsein des Zusammenhangs mitzugestalten.
... daß die Anthroposophie Rudolf Steiners sich selbst als dasjenige Element darstellt, das dem ganzen bisherigen und künftigen Kulturprozeß als die tiefere Einheit von Wissenschaft, Kunst und Religion zugrunde liegt." "