Die Karl-Ballmer-Probe : Mit zwei Aufsätzen von Karl Ballmer
Karen Swassjan (Autor), Karl Ballmer (Autor), Peter Wyssling (Herausgeber), Martin Cuno (Herausgeber)
Finde dieses Buch bei buch7.de | eurobuch.com | buchhandel.de | books.google.com ASIN=3930964805, Category: Philosophy, Language: D, cover: HC, pages: 176, year: 1994.
Kurzbeschreibung
"Die Unhöflichkeiten des Schriftstellers Ballmer sind in
Wirklichkeit die der Götter selbst; anders betrachtet, er bringt
eben das zum Ausdruck, was in Steiners Texten und Worten schonend
verschwiegen oder gemildert wird: die Erzürntheit der geistigen Welt
über die sekundär-anthroposophischen Ahnungslosigkeiten. Ballmer
steht bei Steiner als Verteidiger im Geistigen, als Geistwächter..."
Der Zufall ist in anthroposophischen Zusammenhängen ein gerne gesehener
Gast. Im vorliegenden Fall sorgte er für das Zusammentreffen des aus
Armenien stammenden Philosophen Swassjan mit dem Anthroposophen Ballmer.
Die gewagte, nicht unumstrittene "Probe" kulminiert in
Swassjans Feststellung: "So vollständig, allseitig, monumental,
wie in Karl Ballmer, wurde Rudolf Steiner von kaum jemandem sonst verstanden."
Der Band enthält außer dem Text Swassjans die "Marginalien I"
(1949) und "Marginalien II" (1950) von Ballmer. Siehe auch:
www.edition-lgc.de
Siehe auch die detailierte Buchbeschreibung Karen Swassjan - Die Karl Ballmer- Probe; enthält einen link seines Textes in PDF.
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Folgend werden drei Textstellen wiedergegeben mit
der Absicht, die Erkenntnis zu bekräftigen, daß ein natürlicher
Einzelmensch nicht eine selbstverständliche Einheit ist, wie die materialistische
Denkart annimmt.
1) "Die Geheimwissenschaft im Umriß", Ausgabe 1925, S.374:
"Entwickelung der Menschenformen und Entwickelung der Seelenschicksale muß übersinnliche Erkenntnis auf zwei ganz getrennten Wegen suchen; und ein Durcheinanderwerfen der beiden in der Weltanschauung wäre ein Rest materialistischer Gesinnung, der, wenn er vorhanden, in bedenklicher Art in die Wissenschaft des Übersinnlichen hineinragen würde."1
2) "Theosophie", Kapitel "Wiederverkörperung und Schicksal": zur Frage, in welcher Weise der natürliche Einzelmensch Friedrich Schiller eine Einheit sei.2
"Es gibt nur eine menschliche Gattung",
das heißt in der Sprache des Goetheanismus: Der TYPUS Mensch, der Urmensch, ist EINER.
"In geistiger Beziehung ist jeder Mensch eine Gattung für sich" (1.Ausgabe);
"Als geistiger Mensch ist jeder eine eigene Gattung" (Ausgabe 1922).
Für "geistiger Mensch" steht in der ersten Ausgabe der "Theosophie" auch "Geistesmensch"; Geistesmensch = ATMA wird von Rudolf Steiner in dem Aufsatze "Wie Karma wirkt" auch "Allgeist" benannt.3 - Über das Verhältnis des Urmenschen zu den in geistiger Beziehung eigenen Gattungen der einzelnen Menschen heißt es am Schluß des Kapitels "Der Pfad der Erkenntnis" im Buche "Theosophie", Ausgabe 1922:
"Will man ein Gleichnis für das Zusammenfallen des Einzelgeistes ['eigene Gattung›, K.B.] mit dem Allgeist [Geist des Urmenschen, K.B.], dann kann man nicht das wählen von verschiedenen Kreisen, die in einen zusammenfallen, um in diesem unterzugehen, sondern man muß das Bild vieler Kreise wählen (mit gleichem Mittelpunkt und von gleichem Umfang), deren jeder eine ganz bestimmte Farbnuance hat."
Über den natürlichen Einzelmenschen Friedrich Schiller wird Seite 51 der Erstausgabe und Seite 59 der Ausgabe von 1922 der "Theosophie"4 ausgeführt:
Die physische Menschengestalt Friedrich Schillers (man denke an den charakteristischen Schillerkopf) ist eine Wiederverkörperung der menschlichen Gattungswesenheit.
Andererseits:
Der Geistesmensch Friedrich Schiller ist eine Wiederverkörperung desselben Geistesmenschen.
Der Leser ist gebeten, über diese doppelte Verkörperung, die sich dem gewöhnlichen Vorstellen als der "natürliche Einzelmensch Friedrich Schiller" darstellt, einige Zeit nachzudenken, bevor er weiterliest. (N.B.: "Wie man Bücher in unserem Zeitalter zu lesen pflegt, kann dieses Buch nicht gelesen werden. In einer gewissen Beziehung wird von dem Leser jede Seite, ja mancher Satz erarbeitet werden müssen." - aus der Vorrede zum Buche "Theosophie".)
Der "natürliche Einzelmensch Friedrich Schiller" ist also ein Doppeltes: Er ist, seiner charakteristischen leiblichen Schillergestalt nach, eine Verkörperung der menschlichen Gattungswesenheit, das heißt in der Sprache des Goetheanismus: des TYPUS Mensch oder des Urmenschen; und er ist ferner die Verkörperung des Geistesmenschen Friedrich Schiller.
3) Von der Komplexität in der Zusammensetzung eines "natürlichen Einzelmenschen" handeln auch die Mitteilungen der Geistesforschung über den salomonischen Jesusknaben. Weil der TYPUS Mensch und die Wesenheit des TODES zusammengedacht werden müssen, sei die folgende auf das Geheimnis des Todes Bezug nehmende Stelle aus dem Berliner Vortrage vom 23.Mai 1916 hier wiedergegeben:
Durch eine von Rudolf Steiner angeführte Legende über den König Salomo aus der "Haggada" wird
"angedeutet, daß Salomos Weisheit gerade darinnen bestand, hineinzuschauen in die geistige Welt, in der sich zunächst enthüllt das Geheimnis des Todes. Und wenn wir von den alten Mysterien hören, daß der Mensch als Erstes, was er zu erfahren hat, das zu erfahren hat, daß er an die Pforte des Todes herantritt, so ist im Grunde genommen dasjenige, was uns in dieser Legende dargestellt wird, nichts anderes, als daß uns gesagt wird: Salomo war einer von denjenigen, die bis an die Pforte des Todes herangekommen waren. In der Linie der Generationen, welche abstammten von dem König Salomo, da liegt gewissermaßen die physische Zubereitung für dieses Hellsehen, das bis an die Pforte des Todes kommt. Seele braucht man dazu eine andere. Der Körper Jesu [hier: des salomonischen Jesusknaben, K.B. {GA 118}] ist also aus der salomonischen Linie des Hauses David; die Seele ist die des Zarathustra. Und machen wir uns recht klar, meine lieben Freunde, was das Wesen der Zarathustra-Seele ausmacht, warum die Zarathustra-Seele in einem Leibe darinnen ist, der von einem Menschen herstammt, der Hellsehertum hatte."5
*
Durch die Zusammenstellung dieser drei Textauszüge soll das Warnungszeichen aufgerichtet sein: es sich mit dem landläufigen akademischen Denken nicht zu leicht zu machen beim Umgang mit Texten der Geisteswissenschaft. - Pflanzstätten des materialistischen akademischen Trivialdenkens sind die Universitäten. [...]
Fussnoten:
1 Rudolf Steiner, Die Geheimwissenschaft im Umriß, Leipzig 1910. Zitat am Schluß des Kapitels "Gegenwart und Zukunft der Welt- und Menschheits-Entwickelung". — GA 13 (1977), S. 417.
2 Rudolf Steiner, Theosophie, Berlin 1904. — GA 4 (1987).
3 Zeitschrift LUZIFER, Nr. 7 (Dezember 1903), Fußnote S. 254. — Im Abdruck des Aufsatzes in GA 34 (1987) diese Bezeichnung nicht enthalten.
4 Im genannten Kapitel.
5 Zyklus 42, 11, 263. — GA 167 (1962), S. 267.
Zitat vom Ende Karl Ballmers "Marginalien 2" (1949/1950)
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Es wäre an der Zeit, daß die Anthroposophen mit handfesten Erklärungen aufwarten zu dem an der Universität hoffnungslos zerschwätzten Thema das Verhältnisses von Leib und Seele. Man sehe sich doch einmal die Exposition dieses Körper-Seele-Problems an,
die der wild gewordene christliche Apologet der fatalen "modernen Physik" Bavink gibt, S. 115
seines von einem Freiburger Thomisten in der Schweiz herausgegebenen Buches
"Die Naturwissenschaft auf dem Wege zur Religion".
[...]Die zu empfehlende handfeste rationelle Erklärung über das hochberühmte Leib-Seele-Problem findet sich in dem öffentlichen Vortrage, den Rudolf Steiner am 18. Oktober 1917 in Basel gehalten hat:
"Will man das Verhältnis der Seele zum Leib in der richtigen Art ausdrücken, so muß man sagen: insofern der Mensch in Betracht kommt, erweist sich für eine wirkliche Beobachtung alles Leibliche, was am Menschen ist, weder als Werkzeug, noch als nebenher laufender Vorgang, sondern als Schöpfung des Seelischen, - im Kleinen und im Großen als Schöpfung des Seelischen, und es ist nichts Leibliches am Menschen, das nicht Schöpfung des Seelischen wäre. Man muß allerdings manches Vorurteil abstreifen, man muß manchen neuen Begriff aufnehmen aus der Geisteswissenschaft, wenn man diese weittragende Idee, daß alles Leibliche eine Schöpfung des Seelischen ist, ins Auge fassen will."1
Man muß allerdings den Entschluß fassen, unter dem Seelischen, das in Basel am 18. Oktober 1917 als der Schöpfer des Leiblichen entdeckt wurde, den Typus MENSCH zu verstehen, und diesen sorgfältig zu unterscheiden von dem Seelischen der "armen Seelen". Wenn der Typus MENSCH, also der Schöpfer, als der Aktor der Sinnen-Wirkung vorzustellen ist, dann ist ja klar, daß alles sinnenfällig Leibliche eine Schöpfung der MENSCHENSEELE ist.
Fussnote:
1 Zeitschrift "Gegenwart", Januar 1950, S. 392f. - GA 72 (1990) S. 39f.