Irrthümer und Wahrheit, oder Rückweiß für die Menschen auf das allgemeine Principium aller Erkenntniß (1782)
Ludwig von Saint-Martin (Autor), Matthias Claudius (Übersetzer)
Finde dieses Buch bei buch7.de | eurobuch.com | buchhandel.de | books.google.com ASIN=3487126532, Category: Philosophy, Language: D, cover: HC, pages: 630, year: 1782(2004).
Aus dem Französischen (Œuvres comlémentaires et Etudes Saint-Martiniennes) von Matthias Claudius; Reprint: Olms, Hildesheim 2004.
Louis-Claude de Saint-Martin (1743—1803), der 'unbekannte Philosoph', bekämpfte den Sensualismus und Materialismus. Diesen Anschauungen stellte er seinen Glauben an die schöpferische Kraft des Menschen entgegen, den er als Gedanken Gottes begriff. Seine Philosophie hat stark auf die deutsche Theosophie der Romantik gewirkt, besonders auf Franz v. Baader und über diesen auf Schelling. Seine Schriften, die teilweise von Matthias Claudius G.H. von Schubert und Varnhagen von Ense ins Deutsche überzetzt wurden, übten Ihren Einfluß auf Friedrich Schlegel, in der französischen Literatur auf Balzac, Mme de Staël und Joseph de Maistre aus. Seine Werke werden hier mit Anmerkungen, Einleitungen, Verzeichnissen und Registern aus der Feder des bekannten Saint-Martin-Forschers Robert Amadou wieder vorgelegt. Für die Literaturwissenschaft und Philosophie ist Saint-Martin von großem Interesse. Sein Einfluß auf die Gedanken und das Leben vieler Menschen ist heute noch wirksam.
Buchbesprechung © (2009) by interesting-books-selector.com
Dieses Buch von Saint-Martin war eine der beiden Quellen der Erkenntnissaktforschung Karl Ballmers. (Die zweite Quelle war "Die Geheimwissenschaft im Umriss" von Rudolf Steiner.)
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"Im Zeitalter Freuds wird man von dieser beträchtlich unanständigen Angelegenheit in einem anderen Stil sprechen müssen, als dies ein ahnend Wissender noch im Zeitalter der französischen Revolution mußte, der französische Mystiker Saint-Martin, dem der Wandsbeker-Bote Matthias Claudius in Deutschland zur Publizität verhalf, durch die Übersetzung des Buches "Des erreurs et de la vérité". Saint-Martin spricht von einem gewissen Vorgang im kosmogonischen Prozesse bei der erstmaligen Verkörperung der Seelenmonaden in irdischen Leibern, die ihnen der Urmensch zur Verfügung stellte..."
- - Zitat aus "Deutsche Physik — von einem Schweizer" von Karl Ballmer
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"... Saint-Martin erscheint uns am Ende des 18ten Jahrhunderts,
wegen seiner Grösse und seiner geistigen Isolierung,
wie der letzte Repräsentant der antiken Weisheit,
der « letzte Eingeweihte », sagt Rudolf Steiner ..."
- - Zitat (Übersetzung aus dem Französischen interesting-books-selector.com) aus der Buchbesprechung " Qui est le crocodile : Lucifer ou Satan ? " von Simone Rihouët-Coroze (das Buch ist vergriffen; scheint auch gebraucht unauffindbar; es gab wahrscheinlich keine deutsche Übersetzung).
Der Schlüssel zu diesem Buch ist "Apodiktische Erklärung über das Buch: Irrthum und Wahrheit vom Verfasser selbst"
Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Lektüre von Der Genitiv 'Anthroposophie Rudolf Steiners' von Rüdiger Blankertz (der eigentliche Titel lautet: "Wessen Anthroposophie? - Die 'Anthroposophie Rudolf Steiners' als Erkenntnisproblem".)
Der Genitiv ist Zeugungsfall.
Biographisches zu Saint-Martin:
- Nekrolog. Louis Claude de SAINT-MARTIN (INTELLIGENZBLATT Der ALLGEM. LITERATUR-ZEITUNG Num. 121. Mittwoche den 1ten August 1804.)
- "Lebensbeschreibung von Louis Claude de Saint-Martin" von A. W. Sellin
- Real-Encyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Matter, 1860
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- "Und bei Saint-Martin kann man noch die Nachklänge davon lesen, wie man bis ins 18. Jahrhundert sehr genau gefühlt hat, daß in alten Zeiten die Menschen ein ihnen mit dem Naturwissen zugleich zukommendes Geisteswissen besessen haben, das auch ihre Moralwissenschaft enthielt und das verlorengegangen ist, ..."
- - Zitat aus "Die geistigen Hintergrunde der sozialen Frage", 7ter Vortrag, Dornach, 17. Oktober 1919 von Rudolf Steiner (GA 192)
"Unser Freund Sellin hat neulich ein Buch veröffentlicht: Louis-Claude de Saint-Martin «Gott - Mensch - Welt» in deutscher Übersetzung. [Anm. von ibs.modulAware: Es handelt sich um Saint-Martins Buch "Über das natürliche Verhältnis zwischen Gott, dem Menschen und der Welt", Wölfing-Verlag Konstanz 1919, 8° Oktav, 234 S., Kart. "Tableau naturel des rapports qui existent entre Dieu, l'Homme, et l'Univers." (In freier Übersetzung herausgegeben von A. W. Sellin.)]
Ich glaube, daß möglichst viele Menschen das Buch lesen sollten, und daß möglichst viele Menschen so ehrlich sein sollten, sich zu sagen: Eigentlich verstehe ich doch nicht einmal einen einzigen Satz in seiner wirklichen Grundlage, wie er in diesem Buche steht. - Diejenigen, die sich etwas in Geisteswissenschaft - die wiederum in moderner Weise etwas herausholt aus den geistigen Grundlagen - versetzen können, die werden einiges ahnen von dem, was bei Saint-Martin wirklich vorhanden ist. Aber mit der heutigen Menschheitsbildung, man sollte ehrlich darin sein, muß man dasjenige, was bei Saint-Martin steht, für reinen Unsinn ansehen. Daß man nicht ehrlich ist in solchen Dingen, daß man die Dinge, die alt sind, zu verstehen glaubt, ist eben die Unehrlichkeit im heutigen Menschheitsdenken."
- - Zitat aus "Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und padagogischer Fragen", 12ter Vortrag, Stuttgart, 6. Juli 1919 von Rudolf Steiner (GA 192)
"Louis Claude de Saint-Martin, 1743-1803, lernte noch in seinem 50. Lebensjahr Deutsch, um die Schriften Böhmes ins Französische übertragen zu können.
Matthias Claudius übersetzte seinerseits ein Werk Saint-Martins aus dem
Französischen ins Deutsche: «Irrthümer und Wahrheit, oder Rückweiß für die
Menschen auf das allgemeine Principium aller Erkenntniß», von einem unbekannten
Philosophen. Aus dem Französischen übersetzt von Matthias Claudius, Breslau 1782."
- - Zitat aus Ergebnisse der Geistesforschung von Rudolf Steiner (GA 62), Fussnote 247
Es folgen zwei Zitate aus den Anmerkungen zu S. 282f und S295 aus "Bewußtsein - Leben - Form (Grundprinzipien der geisteswissenschaftlichen Kosmologie), Niederschriften und Vorträge aus den Jahren 1903 - 1906" (GA 89) von Rudolf Steiner:
- "Louis Claude Marquis de Saint-Martin [...] veröffentlichte 1775 sein
erstes Werk: «Des erreurs et de la verite ou les hommes rappeles au principe
universel de la science, par un [philosophe inconnu]» mit der fiktiven
Ortsangabe «Edimbourg» (eigentlich Lyon). Dies trug ihm die Bezeichnung
«Saint Martin, der unbekannte Philosoph» ein. [...] Rudolf Steiner wies im
Laufe der Jahre immer wieder auf Saint-Martin hin als einen Repräsentanten
einer, untergegangenen Geistigkeit, die durch die moderne Geisteswissenschaft
neu errungen werden müsse. Auf seine Veranlassung wurde 1925 die Claudius'sche
Übersetzung vom Verlag «Der Kommende Tag» in Stuttgart neu herausgegeben.
Die Einleitung, die er dazu schreiben wollte, kam durch seinen Tod nicht mehr
zustande. Auf den Seiten 35-37 dieser Ausgabe mit dem Titel «Irrtümer und
Wahrheit» wird beschrieben, daß der Mensch in seinem ursprünglichen Zustand,
vor dem Fall, allezeit zu streiten hatte, um der Unordnung ein Ende zu machen,
und alles zur Einheit zurückzuführen. Weil das für ihn gefährlich werden konnte,
war er mit einer undurchdringlichen Waffe bekleidet und mit einer Lanze
bewaffnet, die allezeit an zwei Stellen zugleich traf. Das Land, wo dieser
Mensch streiten sollte, «war mit einem Wald aus sieben Bäumen bedeckt, die
jedweder sechzehn Wurzeln und vierhundertundneunzig Zweige hatten.» Am Schluß
dieses Werkes wird das «Buch des Menschen» beschrieben, das obgleich es nur aus
zehn Blättern bestehe, doch «alle Einsichten und alle Erkenntnisse von dem, was
gewesen ist, von dem, was ist, und von dem, was sein wird», enthalte. Siehe
Hinweis zu S. 295."
[...]
295 Vom achten, neunten und zehnten Blatt wollen wir das nächstemal sprechen: Dazu ist es nicht mehr gekommen, da Rudolf Steiner auf Vortragsreise ging und am nächsten Montag in Hamburg einen öffentlichen Vortrag zu halten hatte. Deshalb werden im folgenden die Ausführungen von Saint Martin über das zehnblättrigen Buch wiedergegeben:
- «Diese unaussprechlichen Vorteile hafteten an dem Besitz und dem Verständnis eines überköstlichen Buchs, das zu den Geschenken gehörte, die der Mensch mit seinem Dasein erhalten hatte. Obgleich dies Buch nur zehn Blätter enthielt, so faßte es doch in sich alle Einsichten und alle Erkenntnisse von dem, was gewesen ist, von dem, was ist, und von dem, was sein wird, und das Vermögen des Menschen war damals so ausgedehnt, daß er auf allen zehn Blättern des Buchs zugleich lesen, und es mit einem Blick umfassen konnte.
Bei seinem Fall ist zwar das nämliche Buch ihm geblieben, er ist aber des Vermögens beraubt worden, so leicht darin lesen zu können, und er kann nicht mehr alle dessen Blätter kennen lernen, als eins nach dem andern. Und doch wird er nimmermehr in seine Rechte gänzlich hergestellt werden, bis er sie alle studiert hat; denn obgleich ein jedes von diesen zehn Blättern eine besondere und ihm eigentümliche Kenntnis enthält, so hängen sie doch so untereinander zusammen, daß es unmöglich ist, eins davon vollkommen inne zu haben, wenn man es nicht dahin gebracht hat, sie alle zu kennen; und wiewohl ich gesagt habe, der Mensch könne sie nicht mehr lesen als eins nach dem andern, so würde doch jedwedem seiner Schritte die Sicherheit fehlen, wenn er sie nicht alle im ganzen durchlaufen wäre, und hauptsächlich das vierte, das allen übrigen zum Vereinigungs-Punkt dient.
Dies ist eine Wahrheit, welche die Menschen wenig in Acht genommen haben, und doch wäre es ihnen unendlich nötig, sie zu beherzigen und zu erkennen; denn sie werden alle mit dem Buch in der Hand geboren; und wenn das Studium und das Verständnis dieses Buchs gerade der Beruf ist, den sie zu erfüllen haben, so kann man urteilen, wie wichtig für sie es sei, dabei keinen Fehltritt zu begehen.
Sie aber haben ihre Nachlässigkeit über diesen Punkt bis aufs äußerste getrieben; man findet unter ihnen fast gar keine, die da bemerkt hätten jenen wesentlichen Zusammenhang der zehn Blätter des Buchs, dadurch sie in alle Wege unzertrennlich sind. Einige sind bei der Hälfte dieses Buchs stehen blieben, andere beim dritten Blatt, andere beim ersten; daher sind hervorkommen die Atheisten, die Materialisten und die Deisten; einige haben den Zusammenhang wohl gewittert, sie haben aber den wichtigen Unterschied nicht gefaßt, der zwischen einem jedweden von diesen Blättern zu machen war, und haben sie, als Blätter eines Buchs, alle gleich und einerlei Natur gehalten.
Was ist nun davon die Folge gewesen? Diese: daß sie, die sich bloß auf die Stelle des Buchs, über die sie nicht Mut hatten hinauszugehen, einschränkten und sich doch darauf stützten, sie sprächen bloß nach dem Buch, sich selbst gedünkt haben, als verstünden sie es ganz; und da sie, eben dadurch verleitet, nun sich für untrüglich in ihrer Lehre hielten, haben sie ihr möglichstes getan, es der Welt weiß zu machen. Aber diese isolierten Wahrheiten, die keine Nahrung empfingen, verwelkten sehr bald in der Hand derer, die sie so isoliert hatten, und es blieb diesen unverständigen Menschen nichts übrig als ein eitles Gespenst von Wissenschaft, das sie, ohne Betrügerei zu Hilfe zu nehmen, für keinen festen Körper oder für kein wahres Wesen ausgeben konnten.
Das ist richtiglich die Quelle, daher alle die Irrtümer entsprungen sind, die wir in der Folge dieses Traktats werden zu untersuchen haben, sowie auch die Irrtümer alle, die wir schon über die zwei entgegengesetzten Prinzipien, über die
Natur und die Gesetze der körperlichen Wesen, über die verschiedenen Fähigkeiten des Menschen und über die Prinzipien und den Ursprung seiner Religion und seines Gottesdienstes in Anregung gebracht haben.
Man wird weiterhin sehen, auf welchen Teil des Buchs die Fehltritte hauptsächlich gefallen sind; ehe wir aber dazu kommen, wollen wir zuvor die Idee, die man von diesem unvergleichlichen Buch haben muß, vollenden, und zu dem Ende die verschiedenen Wissenschaften und die verschiedenen Eigenschaften, davon ein jedes seiner Blätter die Kenntnis in sich faßte, umständlich angeben.
Das erste handelte: von dem allgemeinen Prinzipio oder von dem Mittelpunkt, aus dem alle Mittelpunkte ohne Unterlaß ausfließen.
Das zweite: von der gelegentlichen Ursache des Universi; von dem zwiefachen körperlichen Gesetz, dadurch es besteht; von dem zwiefachen verständigen Gesetz, das in der Zeit agiert; von der zwiefachen Natur des Menschen; und überhaupt von allem dem, was aus zwei Aktionen zusammengesetzt und gebildet ist.
Das dritte: von der Grundfeste der Körper; von allen den Resultaten und Produktionen aller Arten; und hier findet sich die Zahl der immateriellen Wesen, die nicht denken.
Das vierte: von allem, was tätig ist; von dem Prinzipio aller Sprachen, so derer, die zeitlich als die außer der Zeit sind; von der Religion und dem Gottesdienst des Menschen; und hier findet sich die Zahl der immateriellen Wesen, die denken.
Das fünfte: von der Abgötterei und von der Fäulung.
Das sechste: von den Bildungsgesetzen der zeitlichen Welt, und von der natürlichen Teilung des Zirkels durch den Radium.
Das siebente: von der Ursache der Winde und von der Ebbe und Flut; von dem geographischen Maßstab des Menschen; von seiner wahren Erkenntnis, und von der Quelle seiner verständigen oder sinnlichen Produktionen.
Das achte: von der zeitlichen Zahl desjenigen, der die einzige Stütze, die einzige Kraft und die einzige Hoffnung des Menschen ist, das ist, von dem reellen und physischen Wesen, das zwei Namen und vier Zahlen hat, insoweit als es zugleich tätig und verständig ist, und seine Aktion über die vier Welten ausdehnt. Es handelte auch von der Gerechtigkeit und von der gesamten gesetzgebenden Gewalt; welches in sich begreift die Rechte der Fürsten und die Autorität der Generals und der Richter.
Das neunte: von der Bildung des körperlichen Menschen in dem Leibe des Weibes, und von der Auflösung des allgemeinen und besonderen Triangels.
Das zehnte endlich war der Weg und das Komplement der neun vorhergehenden. Es war ohne Zweifel das allerwesentlichste und eigentlich das Blatt, ohne das alle die vorhergehenden nicht würden gekannt sein; denn wenn man sie alle zehn in Zirkumferenz ordnet, nach ihrer numerischen Ordnung, so findet sich die meiste Verwandtschaft zwischen ihm und dem ersten, aus dem alles ausfließt; und wenn man von seiner Wichtigkeit urteilen will, so wisse man, daß der Urheber der Dinge eben durch dies zehnte Blatt unüberwindlich sei, weil es eine Wagenburg ist rund um ihn her, und die kein Wesen überschreiten kann.
Da denn also in diesem Verzeichnis alle Kenntnisse enthalten sind, denen der Mensch nachtrachten kann, und die Gesetze, die ihm auferlegt sind; so ist klar, daß er nimmermehr weder irgend eine Erkenntnis erhalten, noch je eine von seinen wahren Pflichten werde erfüllen können, wenn er nicht in dieser Quelle schöpfen geht; auch wissen wir nunmehr, welches die Hand sei, die ihn dahin leiten muß, und daß er, wenn er durch sich selbst nicht einen Schritt vermag zu tun zu dieser fruchtbaren Quelle hin, doch gewiß sein kann, dahin zu gelangen, so er vergißt seinen Willen, und agieren läßt den Willen der tätigen und verständigen Ursache, die allein für ihn agieren muß.»"
"...die Lehre des Jakob Böhme, von der wir ja oftmals gesprochen haben, wurde im achtzehnten Jahrhundert durch den sogenannten «Unbekannten Philosophen», durch Saint-Martin, nach Frankreich verpflanzt, und dort von Saint-Martin in einer sehr, sehr anmutenden Sprache wiedergegeben, so daß, als rückübersetzt wurden ins Deutsche die Werke von Saint-Martin, diese selbstverständlich viel lesbarer waren für die Menschen, als die Werke von Jakob Böhme, die ja bekanntlich sehr schwer lesbar sind."
- - Zitat aus "Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste" von Rudolf Steiner (GA 167)
Aus der Inhaltsangabe von "Siebenter Vortrag, 20. März 1917" in "Bausteine zu einer Erkenntnis des Mysteriums von Golgatha - Kosmische und menschliche Metamorphose" von Rudolf Steiner (GA175):
- "Saint-Martins «Des erreurs et de la verite» (deutsche Übersetzung von Matthias Claudius) und seine Wirkung auf das europäische Geistesleben. Die drei Hauptideen des Buches - Merkur, Schwefel, Salz -und deren geisteswissenschaftliche Entsprechung zu dem Stoffwechsel-, Atmungs- und Nervenmenschen. Merkur, Schwefel, Salz: Begriffe eines alten Denksystems. Deutsche Theosophen des 18. Jahrhunderts: Bengel und Oetinger. Die bei Saint-Martin und Oetinger nicht zu Ende gedachten Begriffe und ihre Weiterbildung in modernen Gedankenformen durch die Geisteswissenschaft."
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"Zu den Schülern des Jakob Böhme gehörten viele Menschen der späteren Zeit; und einer
der letzten, bewußten Schüler Jakob Böhmes war Saint-Martin. Saint-Martin,
insbesondere in seinem Buche «Des erreurs et de la verite»,
fußt ja ganz auf Jakob Böhme, nur ist es schon ein etwas verflüchtigter
Jakob Böhme. Aber so viel hat er noch von dem, was aus früheren
Zeiten herüberragt, daß er weiß: Will man Gedanken haben über soziale
Strukturen, will man wirkliche, wirksame politische Gedanken
haben, dann darf man sie nicht bloß ausdenken, dann müssen diese
Gedanken aus der spirituellen Welt hereingeflossen sein. - Und Saint-Martin
gibt ja in seinem Buche «Des erreurs et de la verite» nicht bloß
Gedanken über die äußere Natur und ihren Verlauf, und über die
Historie und ihren Verlauf, sondern er gibt auch politische Ideen, ganz
bestimmte politische Ideen. Heute, wo die Staaten die einzige politische
Struktur sind, würde man sie Staatsideen nennen. Aber innerhalb dieser
Auseinandersetzungen findet sich eine ganz bestimmte, bedeutungsvolle
Vorstellung, und es ist bezeichnend, daß sich solch eine Vorstellung
gerade an der Spitze der Politik des Saint-Martin befindet. Da spricht
er von dem «ursprünglichen menschlichen Ehebruch». Dieser Ehebruch
habe einmal stattgefunden in der Zeit, in welcher ein Verkehr zwischen
Mann und Weib in sexueller Beziehung auf der Erde noch nicht stattgefunden
hat. Also einen gewöhnlichen Ehebruch meint er nicht; er
meint etwas ganz anderes, er meint etwas, worüber er einen sehr starken,
dichten Schleier webt, etwas, worauf etwa die Bibel deutet, indem
sie sagt: «Und die Söhne der Götter fanden, daß die Töchter der Menschen
schön waren und verbanden sich mit ihnen.» Es ist ja dasjenige
Ereignis, durch das dann die ganze Verwirrung in der atlantischen Welt
stattfindet, das auch in einem geheimnisvollen Zusammenhang steht
damit, daß der Mensch seine elementargeistige Natur versinnlicht hat.
Man kann dieses Ereignis, das Saint-Martin «den ursprünglichen Ehebruch»
nennt, eben nur andeuten; er deutet es auch nur an."
- - Zitat aus "Geistige Wesen und ihre Wirkungen", Sechster Vortrag, 8.Oktober 1917, p103f von Rudolf Steiner (GA 177)
- "(Beispiel: Als Goethe p. m. [post mortem] gefragt wurde, wie man seine Werke interpretieren solle, sagte er: «Aus meinem Geiste heraus, aber nicht mit meinen selben Worten, die ich sprach, mich erklären.» - Saint-Martin p. m. sagte einmal: «Ich habe viele Schüler; sie haben aber meist meine Irrtümer weiterverbreitet.»)"
- - Zitat "Aus den Inhalten der esoterischen Stunden - Gedächtnisaufzeichnungen von Teilnehmern", München, l. September 1912 von Rudolf Steiner (GA 266, Band II)
Aus der Inhaltsanhabe des 25ten Vortrag, Dornach, 30. Januar 1917 in "Kosmische und menschliche Geschichte, Band 5; Zeitgeschichtliche Betrachtungen, Das Karma der Unwahrhaftigkeit - Zweiter Teil" von Rudolf Steiner (GA 173):
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"Zur Geschichte der anthroposophischen Bewegung. Saint-Martin. Die alte Weisheit
und das ätherische Hellsehen der Zukunft. Mittel europäisches geistiges Leben
im deutschen Idealismus. Novalis, Schlegel, Steffens, Schubert, Troxler.
Karl Friedrich Planck. Die beiden Mathematiker Bolyai und das Parallelen-Problem.
Das Mittel europäische als Repräsentant des Allgemein-Menschlichen im Gegensatz
zu den in der Peripherie ausgebildeten Einseitigkeiten"
- "Und so findet man bei Saint-Martin die gesündesten Begriffe,
aber in einer Form,die ein letztes Aufflackern ist. Da ist es ja insbesondere
interessant, zu sehen, wie Saint-Martin kämpft gegen den damals schon
aufgekommenen Begriff der Materie. Wozu ist denn dieser Begriff der Materie
nach und nach geworden?
Dazu ist er geworden, daß man die ganze Welt ansieht als einen Nebel von Atomen, die in irgendeiner Weise sich bewegen und stoßen, und die durch ihre Konfiguration all das hervorrufen, was als Welt um den Menschen herum sich ausbildet. Theoretisch hat ja der eigentliche Materialismus seinen Höhepunkt dadurch erfahren, daß man dann alles übrige geleugnet hat außer dieser Atomwelt. Saint-Martin stand noch auf dem Standpunkt, daß die ganze Atomistik, überhaupt der Glaube, daß Materie etwas Wirkliches sei, ein Unsinn ist, wie es ja auch tatsächlich der Fall ist. Wenn man den Dingen zu Leibe geht, die uns umgeben chemisch, physisch, so kommt man zuletzt nicht auf Atome, nicht auf Materielles, sondern auf geistige Wesenheiten. Der Begriff der Materie ist ein Hilfsbegriff; er entspricht nichts Wirklichem. Denn da, wo, um diesen Ausdruck Du Bois-Reymonds zu gebrauchen, «Materie im Raume spukt», da ist wirklich Geist vorhanden, und wenn man von einem Atom reden will, so könnte man höchstens so von dem Atom reden, daß es ein kleiner Stoß des Geistes ist, allerdings Ahrimans. Das war ein gesunder Begriff von Saint-Martin, sein Bekämpfen des Begriffes der Materie."
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